Leitfaden für den Umgang mit sehbehinderten/blinden Menschen

Grundlegendes

Ein blinder oder sehbehinderter Mensch ist zuallererst ein Mensch. Er verdient Respekt, will als Persönlichkeit wahrgenommen und nicht aufgrund seiner Behinderung in eine Schublade gesteckt werden. Hilfe ist willkommen und manchmal notwendig, prinzipiell legen Blinde und Sehbehinderte jedoch genauso viel Wert auf Unabhängigkeit und Selbstständigkeit wie Sie selbst. Bieten Sie deshalb gern Hilfe an – aber drängen Sie sich nicht auf und seien Sie nicht enttäuscht, wenn Ihr Angebot abgelehnt wird. Vor allem: Tun Sie niemals etwas ohne ausdrückliches Einverständnis Ihres Gegenübers – das wäre ein Angriff auf seine/ihre Privatsphäre. Haben Sie bitte keine Scheu davor, mit sehbehinderten/blinden Personen „ganz normal“ zu sprechen. Das ist viel angenehmer, als wenn Sie sich krampfhaft bemühen, nur ja nichts „Peinliches“ zu sagen. Seien Sie einfach genauso freundlich und höflich wie mit allen Menschen – dann können Sie nichts falsch machen.

"Sprich mit mir, damit ich Dich sehe."
 

Begrüßung

Möchten Sie einen sehbehinderten/blinden Menschen begrüßen, sprechen Sie mit ihm. Ein Kopfnicken, eine Handbewegung etc. kann ihr Gegenüber nicht erkennen.
 

Hilfe anbieten

Fragen Sie einen sehbehinderten/blinden Menschen immer im Vorfeld, ob Sie ihm/ihr helfen können, um Missverständnisse zu vermeiden. Folgen Sie einem sehbehinderten/blinden Menschen nicht wie ein „Schutzengel“. Er kann sich „verfolgt“ fühlen, da er sehr wahrscheinlich ihre Schritte hört. Bieten Sie lieber freundlich ihre Hilfe an (s. Pkt. 1).
 

Richtung weisen

Geben Sie im Gespräch Richtungen präzise an, denn einen richtungsweisenden Arm kann ihr Gesprächspartner kaum/nicht sehen. Sagen Sie z.B.: „Vor Ihnen steht ein Sessel“; „Ein kleiner Tisch befindet sich hinter Ihnen“ oder „Ca. 10 Meter vor Ihnen links befindet sich ein Regal“. Sie können den fraglichen Gegenstand auch leicht berühren, so dass der sehbehinderte/blinde Mensch ihn nach dem Klang finden kann. Wenn Sie ihrem Gast einen Gegenstand in die Hand geben, sagen Sie ihm wo er es abstellen kann.
 

Sitzplatz anbieten

Bieten Sie einem sehbehinderten/blinden Menschen einen Sitzplatz an, aber überlassen Sie es ihrem Gegenüber, ob er/sie davon Gebrauch machen will. Falls ihr Angebot angenommen wird, legen Sie die Hand des sehbehinderten/blinden Menschen einfach auf die Rückenlehne des Sitzes und sagen: „Hier ist ein Sitzplatz, ihre Hand liegt nun auf der Rückenlehne.“ Oder Sie legen die Hand auf die Armlehne der Sitzgelegenheit und sagen: „Ihre Hand liegt nun auf der Armlehne des Stuhls, die Sitzfläche befindet sich rechts/links davon.“
 

Garderobe abnehmen

Lassen Sie einen sehbehinderten/blinden Menschen seine Garderobe selbst ablegen, damit er sie wiederfinden kann. Fragen Sie, ob Sie behilflich sein können. Danach weisen Sie die Person an, wo sie ihren Mantel aufhängen kann, z.B. mit der Angabe: „Ihr Mantel hängt am ersten Haken rechts neben der Tür.“
 

Beim Einkaufen

Wenn Ihnen eine sehbehinderte/blinde Person beim Bezahlen den Wert der Banknote, die sie Ihnen gibt, nicht selbst nennt, dann sagen Sie es: „Sie haben mir zehn Euro gegeben.“ Das Wechselgeld können Sie ihm/ihr in die Hand zählen – damit ersparen Sie ihm/ihr das Zusammensuchen des Wechselgeldes. Möchte der sehbehinderte/blinde Kunde verschiedene Gegenstände begutachten, geben Sie ihm diese in die Hand, damit er sie befühlen kann bzw. lassen Sie ihn/sie auditive Funktionen selbst ausprobieren.
 

Bei der Benutzung von Verkehrsmitteln

Beim Ein-/Aussteigen begleiten Sie die sehbehinderte/blinde Person bis zur Wagentür und führen seine/ihre Hand zum Türgriff oder zur Griffstange. Weisen Sie ihn/sie darauf hin, ob es Stufen gibt, und ob diese hoch oder niedrig sind. Mehr Hilfe wird meist nicht benötigt.
 

Beim Überqueren der Straße

Fassen Sie eine sehbehinderte/blinde Person nie beim Arm und zerren Sie sie über die Straße. Bieten Sie ihre Hilfe an wie in Pkt. 2 beschrieben und überlassen Sie es Ihrem Gegenüber anzunehmen oder abzulehnen.
 

Richtiges Führen

Beim Führen gehen Sie einen halben Schritt voraus: so kann der sehbehinderte/blinde Mensch Richtungsänderungen selbst erkennen. Bei Treppen oder Gehsteigkanten sagen Sie „Achtung, Stufe“ und weisen darauf hin, auf welcher Seite sich das Geländer befindet.

 

Quelle: Reinecker