Sehhilfen
Die richtige Sehhilfe zur Hand zu haben, erleichtert den Alltag bei einer starken Sehbeeinträchtigung enorm. Es gibt verschiedene optisch vergrößernde Sehhilfen, z.B. für den Handgebrauch oder in der Brille integriert bzw. an ihr befestigt. Für einen sehr hohen Vergrößerungsbedarf gibt es darüber hinaus elektronische Systeme wie Bildschirmlesegeräte oder elektronische Lupen.
Lupenbrillen
Lupenbrillen sind besonders starke Lesebrillen bei Werten über 4 Dioptrien. Sie können mit bis zu 15-facher Vergrößerung angefertigt werden. Spezielle, starke Brillengläser – ähnlich denen einer Lupe – werden dabei in eine Brillenfassung eingebaut.
Lupenbrillen sind ideal zum Lesen, für Handarbeiten oder für die Bedienung des Mobiltelefons geeignet. Im Vergleich zu anderen optisch vergrößernden Sehhilfen haben sie das größte Sehfeld. So lassen sich z.B. Zeilenanfänge leichter finden und größere Ausschnitte überblicken. Bis zu einer ca. 3-fachen Vergrößerung können dabei beide Augen (binokular) genutzt werden. Bei höheren Nahzusätzen wird nur ein Auge benutzt, das andere erhält ein Ausgleichs- oder Mattglas. Lupenbrillen lassen sich auch als Mehrstärkenbrillen für mehrere Sehdistanzen (Bifokalbrille, Gleitsichtbrille) fertigen – z.B. zusätzlich mit der normalen Weitsehstärke oder zwei verschiedenen Vergrößerungen. Da sie vergleichsweise leicht und unauffällig sind, eignen sie sich auch gut für unterwegs – z.B. beim Einkaufen, bei Behördengängen oder im Restaurant.
Der bei Lupenbrillen erforderliche kurze Sehabstand schadet den Augen nicht, bedarf jedoch oftmals der Gewöhnung und Übung. Da auch der Lichteinfall durch den kurzen Sehabstand erschwert wird, sollten Sie beim Lesen unbedingt auf eine gute Beleuchtung, z.B. mit einer zusätzlichen Arbeitsplatzleuchte, achten.
Die Kosten für eine Lupenbrille können von den gesetzlichen Krankenkassen ganz oder teilweise übernommen werden, wenn eine entsprechende Verordnung vom Augenarzt vorliegt.
Lupen
Lupen sind die einfachsten und am meisten verwendeten vergrößernden Sehhilfen. Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen, als Handlupe bzw. Leseglas, als Aufsetzlupe (wird direkt auf den gewünschten Text gesetzt) oder als Standlupe (mit beweglichem Arm), mit und ohne integrierte Beleuchtung.
Handlupen
Handlupen können flexibel eingesetzt werden, etwa zum Erkennen von Details, zum Lesen von Beschriftungen, Anleitungen oder Fahrplänen. Es gibt sie von ca. 1,5-facher bis 15-facher Vergrößerung. Der Lupendurchmesser und damit auch das Sehfeld und die Übersicht werden mit zunehmender Vergrößerung kleiner. Beim Einsatz mit wechselnden Lichtverhältnissen ist eine zusätzliche Beleuchtung sinnvoll. Um eine optimale Vergrößerung zu erreichen, sollte die Lupe relativ nah ans Auge gehalten werden. Die richtige Handhabung lassen Sie sich am besten von einem Fachmann (Optiker) zeigen.
Aufsetzlupen
Aufsetzlupen sind für längeres Lesen am Tisch sehr bequem. Die meisten haben eine integrierte Beleuchtung mit hoher Helligkeit. Es gibt Varianten mit einem geschlossenen Becher, die ausschließlich zum Lesen dienen, und es gibt offene (mit Abstandshalter), unter denen man auch schreiben oder Kreuzworträtsel lösen kann.Werden Aufsetzlupen nahe am Auge verwendet, können bis zu 15-fache Vergrößerungen erreicht werden. Zusätzlich sollte in der Regel eine passende Lesebrille verwendet werden.
Der Vorteil von Aufsetzlupen ist ein ruhiges Bild durch den konstanten Abstand zur Vorlage und eine gute Ausleuchtung des Textes. Sie eignen sich auch für Menschen mit eingeschränkter Handfunktion oder mit einem Handtremor (Zittern der Hände), da sie auf dem Text aufliegen. Aus ergonomischen Gründen wird die Verwendung eines Lesepultes bzw. eines hohen Tisches empfohlen.
Eine besondere Form der Aufsetzlupen sind die sogenannten Lesesteine oder Hellfeldlupen, sehr dicke, plan-konvexe Linsen, die mit der planen Seite direkt auf den Text aufgelegt werden. Sie werden insbesondere bei Kindern zur Unterstützung des Restsehvermögens eingesetzt. Ältere Menschen sollten eine Lese- oder Lupenbrille zusammen mit der Hellfeldlupe verwenden.
Standlupen
Standlupen sind stabil auf oder am Tisch befestigt. Die Lupenlinse kann durch einen flexiblen Arm bewegt werden. Viele Standlupen haben große Linsendurchmesser und eine integrierte Beleuchtung mit Netzanschluss. Standlupen bieten ausreichend Platz unter der Lupenlinse und halten die Hände frei, so dass sie z.B. in der Küche, bei der Handarbeit, bei handwerklichen Tätigkeiten oder am Schreibtisch zum Einsatz kommen. Da der Vergrößerungsbereich relativ gering ist (bis ca. 2,5-fach), sind sie zum Lesen nur bei geringem Vergrößerungsbedarf geeignet.
Fernrohrbrillen und Fernrohrlupenbrillen
Fernrohrbrillen
Mit einer Fernrohrbrille können mithilfe eines in die Brillenfassung eingearbeiteten, kleinen Fernrohrs weiter entfernte Objekte vergrößert betrachten werden. Solche Brillen können zum Beispiel beim Fernsehen, im Kino, bei Theater- oder Sportveranstaltungen sinnvoll sein. Da bei der Nutzung nur ein relativ kleiner Ausschnitt überblickt werden kann und Entfernungen nicht mehr richtig eingeschätzt werden können, sollten Fernrohrbrillen vorzugsweise im Sitzen oder Stehen verwendet werden. Mit einer zweifachen Vergrößerung ist mindestens drei Meter Abstand vom Objekt (z.B. Fernseher) nötig, um den ganzen Bildschirm sehen zu können. Ein gleich gutes Ergebnis erzielt man in diesem Fall, wenn man den Sehabstand halbiert. Fernrohrbrillen sind also nur dann sinnvoll und effektiv, wenn man über einen geringeren Sehabstand nicht mehr ausgleichen kann.
Fernrohrlupenbrillen
Fernrohrlupenbrillen sind Fernrohrbrillen, bei denen vor das Fernrohr eine zusätzliche Lupe gesteckt oder geklappt wird. Sie werden wie klassische Lupenbrillen vor allem für den Nahbereich verwendet, z.B. zum Lesen, Schreiben, Nähen oder für die Arbeit am Computer. Ihr großer Vorteil gegenüber Lupenbrillen besteht darin, dass sie – vor allem bei geringer Vergrößerung – mit größerem Sehabstand genutzt werden können. Sie eignen sich deshalb auch zum Notenlesen oder zum Handwerkern. Entfernt man die angesteckte Lupe (oder klappt sie weg), wird aus der Fernrohrlupenbrille wieder eine Fernrohrbrille.
Fernrohrbrillen und Fernrohrlupenbrillen sind relativ schwer und auffällig, sie werden deshalb vor allem zu Hause verwendet. Ob sie notwendig sind, oder ob eine leichtere und kostengünstigere Lupenbrille für Ihre Sehanforderungen ebenso geeignet ist, entscheiden Sie zusammen mit Ihrem Augenarzt. Fernrohrbrillen und Fernrohrlupenbrillen werden – anders als andere vergrößernde Sehhilfen – nur von den gesetzlichen Krankenversicherungen bezuschusst, wenn ein begründeter Einzelfall vorliegt.
Monokulare und Ferngläser
Monokulare sind ein wichtiges Hilfsmittel zur Orientierung unterwegs. Die kleinen, handlichen Fernrohre (vor ein Auge gehalten) dienen dazu, bei größerer oder mittlerer Entfernung Straßenschilder, Hausnummern und andere Dinge zu erkennen oder zu beobachten. Zusätzlich haben sie fast immer die Möglichkeit, auch in der Nähe (unter 1 Meter, teilweise sogar unter 20 cm) scharf zu stellen. Dieser Nahfokus erlaubt z.B. das Lesen von Preisschildern, Speiseplänen, Tür- und Klingelschildern oder Fahrplänen, auch hinter Glasscheiben. Monokulare sind mit 2-facher bis 10-facher Vergrößerung erhältlich. Die Vergrößerung in der Nähe liegt meist etwas höher als die angegebene Vergrößerung für die Ferne. Eine hohe Vergrößerung ist nicht immer sinnvoll, denn das Sehfeld wird mit zunehmender Vergrößerung kleiner und die allgemeine Orientierung erschwert.
Oft bedarf es etwas Übung, um ein Monokular effektiv zu nutzen. Manchen Menschen fällt es schwer, „einäugig“ zu sehen. Für sie und bei verschiedenen Aktivitäten, z.B. einem Zoobesuch oder einer Sportveranstaltungen, kann ein handelsübliches Fernglas für beide Augen eine gute Alternative sein.
Werden Monokulare gemeinsam mit Standlupen mit Acrylglasabstandshalter genutzt, ergibt diese Kombination eine Aufsetzlupe mit hoher oder ein Handmikroskop mit sehr hoher Vergrößerung, z.B. um Münzen, Briefmarken oder anderes im Detail anzuschauen. Die mögliche Vergrößerung hängt von der des Monokulars sowie der des Lupenständers ab, da sich beide Vergrößerungen multiplizieren (Vergrößerungsfaktor Monokular • Vergrößerungsfaktor Vorsatzlupe = Gesamtvergrößerung).
Ähnlich kann für die Ferne mit einer Vorsatzlinse (im Grunde ein Teleobjektiv) die Vergrößerung erhöht werden. Die Linsen werden als „Extender", „Doubler" (Doppler) angeboten. Auch kostengünstigere Tele-Konverter für Digitalkameras können verwendet werden – sie werden mit einem Adapterring (Fotozubehör) am Objektiv angeschraubt.
Die Verordnung eines Monoklares ist gleichzeitig mit anderen vergrößernden Sehhilfen, z.B. zum Lesen, möglich. Da sie unterschiedlich verwendet werden, liegt keine Doppelversorgung vor.
Elektronisch vergrößernde Sehhilfen
Wenn das Lesen mit optischen Hilfsmitteln zu mühsam wird, kommen elektronische Systeme wie Bildschirmlesegeräte oder elektronische Lupen zum Einsatz. Sie bilden eine Schriftvorlage mit Hilfe einer Kamera bis zu 20-fach vergrößert auf einem Monitor ab. Es gibt sie als fest auf dem Tisch installierte Bildschirmlesegeräte, in mobiler Ausführung ähnlich einem Notebook oder Tablet oder als elektronische Lupe. Die Geräte sind in unterschiedlichen Ausführungen und Varianten erhältlich.
Sie eignen sich für das Lesen längerer Texte in Zeitungen, Zeitschriften oder Büchern und für das Schreiben bzw. Ausfüllen von Formularen. Ihr Vorteil gegenüber optisch vergrößernden Sehhilfen besteht darin, dass Kontrast, Helligkeit, Vergrößerung und häufig auch Farben des Textes/Bildes individuell wählbar sind. Benutzer können so die für sie optimale Schriftzeichengröße einstellen und in einem bequemen Abstand lesen.
Die Größe des Monitors bei fest auf dem Tisch installierten Bildschirmlesegeräten variiert zwischen 17 und 24 Zoll. Kleinere Bildschirmlesegeräte mit Displays zwischen 3 und 13 Zoll und mobiler Stromversorgung über Batterien bzw. Akkus werden als elektronische Lupen kurz E-Lupen bezeichnet. Aufgrund der geringen Größe sind sie auch mobil einsetzbar.
Eine Einweisung bzw.ein ergänzendes Hilfsmitteltraining können die Bedienung eines Bildschirmlesegerätes bzw. einer E-Lupe erleichtern.
Wenn optische oder optisch-elektronische Sehhilfen nicht mehr ausreichen, kommen Vorlesegeräte oder Scanner zum Einsatz. Diese Geräte erfassen gedruckte Texte, z.B. in Büchern oder Zeitungen/Zeitschriften, und lesen ihn anschließend vor.
Weitere Hilfsmittel
Weit über die klassischen optischen Sehhilfen hinaus gibt es heute eine große Vielfalt an Hilfsmitteln für sehbehinderte Menschen. Sie können das tägliche Leben in Beruf, Haushalt und Freizeit erleichtern und bei der Orientierung und Mobilität unterstützen. Eine immer größere Rolle spielt dabei die moderne Kommunikationstechnik. Smartphones und Tablets eröffnen neue Möglichkeiten und machen sehbehinderte Menschen im Alltag unabhängiger und mobiler. Mehr zu den Nutzungsmöglichkeiten und zum Umgang mit modernen Medien für Sehbehinderte lesen Sie unter Computer, Smartphone, Tablet und Co..
Das Angebot an Hilfsmitteln für Sehbehinderte umfasst unter anderem:
- Alltagshilfsmittel: z.B. Unterschriftschablonen; Schablonen zum Erkennen von Geldscheinen; Münzboxen; Alltagsgegenstände mit besonders großen Zahlen oder Buchstaben, z.B. Kalender, Uhren, Kartenspiele, Großtastentelefone etc.
- Elektronische Alltagshelfer: z.B. „sprechende“ Uhren, Taschenrechner und Haushaltsgeräte; Computer- und Computerausstattung wie Braillezeilen; Software wie spezielle Apps; Markierungs- und Erkennungsgeräte; Lese- oder Audio-Abspielgeräte (E-Book-Reader, DAISY-Player)
- Mobilitäts- und Orientierungshilfen: z.B. Blindenstöcke; Führhunde; elektronische Navigationssysteme; visuelle, taktile oder akustische Orientierungshilfen für den Außen- und Innenbereich
Übernimmt die Krankenkasse die Kosten?
Hilfsmittel zählen zu den Pflichtleistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung. Ob Ihre Krankenkasse die Kosten für anerkannte Hilfsmittel aus dem Hilfsmittelkatalog übernimmt oder bezuschusst, hängt jedoch von verschiedenen Voraussetzungen ab. Anspruch auf eine Förderung besteht, wenn eine Sehbehinderung vorliegt, der Antragsteller geistig und körperlich in der Lage ist, das Hilfsmittel eigenständig zu bedienen und der Bedarf durch eine ärztliche Verordnung nachgewiesen wird. Im Einzelfall sind auch andere Kostenträger, z.B. Rentenversicherung, Unfallversicherung, Sozialhilfeträger oder Integrationsämter, zuständig.
Auch die Kosten für die Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel können von der Krankenversicherung bzw. anderen Kostenträgern übernommen werden. Gerade bei elektronischen Hilfsmitteln oder moderner Kommunikationstechnik ist das oft entscheidend.
Hilfsmittel
Hilfsmittel sind Gegenstände, die im Einzelfall erforderlich sind, um durch ersetzende, unterstützende oder entlastende Wirkung den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen.