Wahrschau! Robert Heuser zum Segelkurs des BFS e.V. 2025 in Berlin

Als ich das zum ersten Mal hörte, dachte ich was ist los? Was will Jürgen van Look von mir?

Sollen wir in die polnische Hauptstadt fahren oder geht es ihm nicht gut und er möchte, dass wir Vicky Leandros Lied „Theo wir fahr`n nach Lodz“ singen. Könnte ja sein, dass er da mal wieder was verwechselt. Lodz ist schließlich auch eine nicht unbedeutende polnischen Stadt. Dazu muss man wissen, es war in den 90iger Jahren des vorigen Jahrhunderts, als ich das von ihm hörte und da war Vicky Leandros voll angesagt. Aber genug der Erinnerungen. Immer wenn ich das höre „Wahrschau!“ muss ich an den leider früh verstorbenen Bootsbauer und Hausmeister Jürgen van Look denken, der uns im Bootshaus am Tegeler See in all den Jahren seit 1993 mal mürrisch, mal mit echter Freude begrüßte, wenn wir zur Segelwoche des BFS e.V. anreisten. Was es mit „Wahrschau!“ auf sich hat, erklärt sich am Ende des Artikels und ich hoffe, der Spannungsbogen hält bis dahin. Zunächst der Bericht vom Segelkurs 2025. Der fand vom 23. - 31.Juli im Schülerbootshaus des Bezirks Mitte am Tegeler See, im Norden Berlins, statt. Das rustikale Boothaus liegt am Schwarzen Weg in einer Bucht, der Malche. Die zur Großspurigkeit neigenden Berliner nennen diese beschauliche Bucht übrigens den Großen Malchsee. Schräg gegenüber liegt der Tegeler Hafen knapp 1 km reine Fahrstrecke mit dem Boot. Eine Insel mit drei Bäumen, allerdings ohne Eisenbahn und Lokomotivführer Lukas, geschweige denn Jim Knopf, gibt es auch, die heißt Hasselwerder. Alles in allem, ein ideales Revier um Segeln zu lernen oder seine Fähigkeiten zu vervollkommnen. Noch was zur Nachbarschaft: Da ist der TSC, Tegeler-Segel-Club, direkt nebenan und das sind nicht nur Nachbarn, sondern richtig gute Freunde. Ein Stückchen weiter wird es hoch politisch. Da liegt die Villa Borsig, das Gästehaus des Außenministeriums. Das ist uns ganz nützlich, weil fast immer die Nationalflagge Schwarz Rot Gold in richtig groß auf dem Dach weht und uns die Windrichtung anzeigt. Mit dieser Nachbarschaft hatten wir auch gleich Spaß bei der Segelwoche. Da kam nämlich der Französische Staatspräsident Emmanuel Macron zu Besuch. Nicht bei uns, nein natürlich bei der Bundesregierung in der Borsig Villa. Allerdings hatte das ein riesiges Polizeiaufgebot zur Folge. Weiße Mäuse, die auf ihren Motorrädern große schwarze Limousinen auf dem Schwarzen Weg begleiteten, Hubschrauber-Überflüge, ein freundlicher Polizist, der sich auf unserem Gelände umsah und feststellte, dass wir keine Entführung des Präsidenten vorbereitet hatten. Jannik wollte ihn zum Abschluss seiner Untersuchung noch fragen, wie er denn unser FLAK-Geschütz fände. Ob es wohl geeignet wäre, so einen Hubschrauber abzuschießen. Aber wir haben ihm das ausgeredet. Man sollte keine Scherze dieser Art machen.

Nachdem dieses Spektakel vorbei war, haben wir unsere Segelwoche genossen. Wir, das waren

 

27 Personen, 17 Kinder und Jugendliche, 10 Betreuende und Segellehrer*innen, die an allen neun Tagen im Bootshaus wohnten. Dazu kamen die zeitweise eingesetzten Segellehrer*innen aus dem ganzjährigen Segelprojekt des BFS Landesverbandes Berlin-Brandenburg e.V. Der 31. Segelkurs des BFS e.V. Bundesverband, wie immer bundesweit ausgeschrieben, verzeichnete Teilnehmende aus 7 Bundesländern. Die Förderung aus den Mitteln des Bundesjugendplans durch das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) ermöglichte sehr günstige Teilnehmendenbeiträge und für einige sogar Ermäßigungen oder Befreiung von allen Kosten.

Die Organisatoren der Veranstaltung, seitens des Kooperationspartners BFS Berlin-Brandenburg in Gestalt des 1. Vorsitzenden Stephan Kuperion, und des Referenten für Jugendarbeit Robert Heuser vom BFS Bundesverband, haben eine nervenzerreißende Vorbereitungsphase erlebt. Tägliche Telefonate und Überlegungen, ob wir den Kurs nicht absagen müssen. Bis zum 5. Tag vor Beginn war nicht sichergestellt, dass er überhaupt stattfinden konnte. Es lag keine Genehmigung durch das Bezirksamt für die Benutzung des Bootshauses vor. Es war gesperrt.

Der Grund für diese dramatische Situation war ein orkanartiges Unwetter, das am 26. Juni über dem Norden Berlins getobt hatte. Im Tegeler Forst, der unmittelbar an das Bootshaus grenzt, waren allein über 1000 Bäume entwurzelt und umgefallen. Teile eines schwer geschädigten Ahorn-Baumes drohten auf das Bootshaus zu fallen und hätten in den Schlafräumen wohl für Lebensgefahr gesorgt. Ein steter Kampf mit den Behörden und das persönliche Bemühen um Baumsachverständige und Firmen, die die Gefährdung in den letzten Tagen vor Beginn der Segelwoche beseitigten sollten, ermöglichten letztlich doch noch die Freigabe durch das Bezirksamt. Danke an Stephan Kuperion für dieses „Manöver des letzten Augenblicks“.

So konnte die Segelwoche erfolgreich durchgeführt werden. Da war natürlich Segeln, Bootskunde,  Demonstration der Funktion von ohnmachtssicheren Rettungswesten Kenterübungen und das Lernen von Knoten, Windkursen, Ausweichregeln und und und... angesagt. Wir hatten unglaubliches Glück mit dem Wetter. Inmitten zweier Hitzeperioden mit bis zu 35 Grad erwischten wir ein Zeitfenster mit maximal 25 Grad und moderatem, aber stetig zunehmendem Wind. Ideale Bedingungen zum Segellernen und das Gelernte an den letzten Tagen in puren Segelspaß zu verwandeln. Aber auch Baden mit den Geräten, die von der Fa. von Witib gesponsert sind, Stand-Up-Paddling, der Besuch im Jump-Haus mit Trampolin-Springen in allen Variationen und das Wasserballon-Volleyball-Turnier sorgten für sportlichen Ausgleich zusätzlich zum Segeln. Der Besuch des „Spektrum“ im Museum für Verkehr und Technik machte den wissenschaftlichen Anteil aus, sorgte für erweiterte Kenntnisse in Physik und Technikgeschichte, aber auch für viel Spaß bei den Experimenten. Neben all dem haben wir auch den Bildungsauftrag erfüllt, den der Bundesjugendplan vorsieht. Unser Besuch von Regierungsviertel, Reichstag, Brandenburger Tor, Holocaust-Mahnmal und der Spaziergang Unter den Linden mit Verweis auf die dort zahlreich vorhandenen Botschaften, brachte der Gruppe die Bedeutung und Funktion unserer Hauptstadt nachdrücklich ins Bewusstsein.

Für das leibliche Wohl sorgte wieder das Ehepaar Sylvia und Jürgen in der Selbstversorgerküche des Bootshauses. Der täglich wechselnde Küchendienst, den jeweils eines der 4- und 6 Bett-Zimmer stellt, unterstützte sie dabei. Legendär sind 100 Eierkuchen, die sie jedesmal backen und die bis auf den letzten aufgegessen werden. Jeden Tag gab es Eis, wir hatten genug davon. Der Lions Club Berlin Airport hatte uns zwei Eistruhen mit 432 Packungen Florida Eis gespendet. Natürlich haben wir auch zwei Grillabende gehabt und die Nachtfahrt mit dem Zweimaster Ran auf dem stillen Tegeler See war einer der Höhepunkte im Erleben von Wind und Welle bei vollkommener Stille an Bord. Den originellsten Beitrag der Segelwoche lieferte die jüngste, äußerst schlagfertige Teilnehmerin Selma, die sich bestens auf Island auskennt. Kein Wunder, hat sie doch zahlreiche Verwandschaft dort und ist schon oft auf der Insel zu Besuch gewesen. Auf die neugierige Frage des Betreuers Willi: „Wie ist es denn da so?“. Antwortete sie: „Island besteht zu ¾ aus Geröll und zu ¾ aus Eis.“ Willi rechnet und sagt: „Das ist ja zusammen mehr als 1 , das ist ja eineinhalb.“ Darauf Selma selbstsicher und überzeugend wie immer: „Ja, sicher, Island ist halt so groß.“

Es gäbe noch viel zu berichten und erzählen. Wer die Tagesabläufe kennenlernen will, kann ja gern mal die Berichte der Teilnehmenden in den letzten Jahren in Visus (zuletzt in Heft 3 / 2024,

Seite 44 ff) oder auf der Homepage des BFS e.V. (https://www.bfs-ev.de/de/verein/vereinsleben-und-aktivitaeten/) bzw. des Landesverbandes Berlin-Brandenburg e.V. (https://bfs-berlin.de/segelwoche/segelkurs-2023-in-berlin/) anschauen bzw. sich vorlesen lassen.

Da spürt man die Begeisterung und die Freude, die diese Segelwochen den Teilnehmenden und Betreuenden bereitet haben. Ein guter Grund, allen, die das möglich gemacht haben und hoffentlich auch in Zukunft möglich machen werden, ein herzliches DANKESCHÖN zu sagen.

Ach ja, eh ich es vergesse. Wahrschau! Man erinnere sich, das Rätsel aus der Titelzeile. Der eingangs erwähnte Jürgen van Look, Bootsbauer und Hausmeister rief das immer, wenn er auf eine der kippeligen Jollen stieg, oder sie wieder durch Sprung auf den Steg verließ. Ein Warnruf, - Leute jetzt passiert was, Vorsicht!

Schauen wir in unser Segler Lexikon: „Wahrschau!“ („Look out!“, „Attention!“, „Keep clear off!“) Warnruf im Sinne von „zur Warnung aufschrecken“... Ggf. auch zur Aufmerksamkeit auffordern. Z.B. beim Mann über Bord–Manöver, ruft der/die Bootsführer*in: „Mann/Frau über Bord, Warschau! den Mann, die Frau“. Und der/die eingeteilte Beobachtende meldet regelmäßig: „Mann/Frau eine Bootslänge achteraus, zwei Bootslängen achteraus usw.“

Alles klar? Da bleibt mir nur noch allen, die bis hier her gelesen oder gehört haben, eine gute Zeit zu wünschen. Passt gut auf Euch und Eure Lieben auf, Wahrschau!

BFS e.V. - SEGELKURS

Berlin, vom 23. - 31. Juli 2025

 

Haupstadt - Feeling! Mehr als 3 Millionen Berliner warten auf uns und auf unsere Gruppe wartet auch der Tegeler See. In diesem Jahr werden wir den 33. Segelkurs in Zusammenarbeit mit dem Landesverband BFS Berlin-Brandenburg e.V. durchführen.

Das vielfach bewährte Konzept und das Programm der 9-tägigen Veranstaltung sind speziell auf Kinder und Jugendliche, die sehbehindert, blind oder nichtbehindert sind, zugeschnitten.

Seit vielen Jahren ermöglicht der BFS e.V. diesen Segelkurs im Rahmen seiner Jugendarbeit. Die jeweils im Sommer in Berlin stattfindende Segelfreizeit nutzt die Ressourcen des seit 1977 bestehenden Segelprojektes des BFS Berlin-Brandenburg e.V. Als Kooperationspartner sorgt der Landesverband für die praktische Durchführung dieser bundesweit ausgeschriebenen Veranstaltung. Regelmäßig treffen sich 20 Teilnehmende aus vielen Bundesländern im Schülerbootshaus an der Malche.

Als Beitrag der Teilnehmenden werden, trotz erheblich gestiegener Kosten, unverände 260 € erhoben. Auch in diesem Jahr sind Fördermittel aus dem Bundesjugendplan durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend beantragt, die werden nicht reichen und so hoffen wir wieder auf die Großherzigkeit von Spendern. Wer Probleme mit den Kosten für Kurs und Anreise hat, möge sich melden. Wir finden eine Lösung! Private Sponsoren haben uns bisher immer geholfen. Sie werden dringend gebraucht und der BFS e.V. freut sich über jede Spende für seine Jugendarbeit. 

Mädchen, sind besonders willkommen, sie stellen oft mehr als die Hälfte der Teilnehmenden. Regelmäßig erscheinen in VISUS, der Mitgliederzeitschrift des BFS e.V., Berichte von begeisterten Teilnehmenden der Segel-, Sport- und Kunstkurse. Aktuelle Berichte und Fotostrecken finden sich auf Facebook, Instagram unter bfs_ev und der BFS-App. In VISUS, Heft 3/2024 findet man einen umfangreichen Bericht (Seite 44 ff, Luv an! Pinne von dir weg!), der die Segelwoche 2024 beschreibt. Auf den Internetseiten www.bfs-ev.de bzw. www.bfs-berlin.de ist alles nachlesbar und dort erscheinen auch aktuelle Informationen und der Link zum aktuellen Film. Der wurde bei der letzten Segelwoche gedreht: Segeln trotz Sehbehinderung „BLINDES VERTRAUEN“ und kann auf YouTube angeschaut werden.

Zur Segelwoche gilt: Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, aber selbstverständlich sind auch Segelkundige willkommen und haben Gelegenheit, ihre Kenntnisse und Praxiserfahrung zu erweitern. Neben dem Segeln werden auch Badespaß und Ausflüge geboten. Das waren in den Vorjahren Workshops in Bogenschießen, Besuche im Olympiastadion, Zoo, Kletterpark, Filmpark, Reichstag oder diversen Museen. Auch die Bundespolizei haben wir regelmäßig besucht. Der Höhepunkt im letzten Jahre war der Besuch des Flughafen BER mit exclusiver Führung für uns, einschließlich Besichtigung einer A320- 200 mit Selfies im Cockpit. Die Gruppe wird aus „Seeleuten“ mit unterschiedlichstem Sehvermögen bestehen. Meldet euch an, vielleicht gehört ihr ja auch dazu.

Da die Teilnehmenden aus allen Teilen Deutschlands kommen, muss jede(r) selbst für An- und Abreise sorgen. Fahrgemeinschaften werden aber wie jedes Jahr wieder gebildet. Wer Probleme mit dem o.g. Termin hat, weil die Ferien noch nicht begonnen haben, erhält eine entsprechende Stellungnahme für die Schule oder Ausbildungsstelle. Fordert die Ausschreibung und Anmeldeunterlagen bei der angegebenen Kontaktadresse an.

Wie immer gilt: „Wer zuerst kommt, segelt zuerst!“ Anmeldeschluss ist der 15. Juni 2025, ggf. frei werdende Plätze werden auch später noch vergeben, bitte fragt auch nach dem Anmeldetermin unbedingt nach!

Anreise ist am Mittwoch 23.Juli. Abreise am Donnerstag 31.Juli.

 

Teilnahmevoraussetzungen:

   Mindestalter 10, Höchstalter 20 Jahre

   Schwimmabzeichen Bronze oder vergleichbarer Nachweis

   Teilnahmeerklärung vom Erziehungsberechtigten bzw. gesetzlichen Vertreter 

     unterschrieben

   keine medizinischen Befunde, aus denen sich Bedenken gegen eine Teilnahme

     ergeben

   eine Persönlichkeitsstruktur und das Maß an Körperpflege, welches achttägiges

      Zusammenleben in Vier- und Sechsbettzimmern möglich macht

   Selbstständigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Bereitschaft zur Selbstver-

     sorgung im Bootshaus

 

Infos und Anmeldung beim Team für Jugendarbeit des BFS e.V:

 

Michelle Kulla, Hugo-Mense-Str. 2, 33378 Rheda-Wiedenbrück

Tel.: 05242 / 57 76 71

Mobil: 0157 / 55 01 10 00 

Mail: m.kulla@bfs-ev.de

 

26.02.2025 BFS e.V. / He